Donnerstag, 25. April 2013

Scherz lass nach!

Wie bekommt man vier Elefanten in einen VW-Käfer? Zwei hinten ,zwei vorn. Die Lösung ist einfach und logisch, dennoch abwegig - ein Scherz, was sonst. In der Antwort werden die Größenordnungen missachtet und damit willkürlich inkompatible Ebenen der Logik unzulässig zusammengeführt. Damit entpuppt sich die Eingangsfrage eindeutig als Scherz. So einfach ist es nicht immer. Denn das Phänomen der unzulässigen Zusammenführung verschiedener Ebenen ist weit verbreitet, insbesondere in Politik und Wissenschaft. Fazit : A richtig, B richtig, Verknüpfung falsch.

Ein Beispiel aus „Plastische Chirurgie“ Heft 3, Jahrgang 2007, Seite 173-177: Wie stabilisiert man eingesunkene Nasolabialfalten?  Man nimmt ein partikuliertes Hyaluronsäure-Gel und bildet in der Dermis ein dreidimensionales Gerüst. Man kann darüber streiten, ob „Fishbone“ diese Technik ähnlich der Schienenverlegung bei der Eisenbahn richtig beschreibt. Wenn man jedoch davon ausgeht, dass die Dermis der Wangen kaum stärker ist als 1mm, der Durchmesser der 27G Nadel 0,5 mm und der Nadelschliff 1,4 mm misst, ist man doch über den wahren Charakter eines derartigen Beitrages höchst verunsichert – bei all den anderen Ungereimtheiten und windschiefen Analogien. Wie die Leserzuschrift in der folgenden Ausgabe beweist, wurde der Beitrag wohl nicht durchgehend als Scherz verstanden. Fazit : A falsch, B falsch, Verknüpfung richtig.

Ein weiteres Beispiel aus „Plastische Chirurgie“ Dezember 2007, Seite 211: Wie kann man ein face-lifting vermeiden? Durch abschreckende Aufklärung nur selten. Die Lösung lautet: durch „liquid lifting“. Das klingt schon von der Wortwahl her verdächtig scherzhaft, etwa wie „Verdünnisierung“. Die Antwort im Beitrag wird auf vermeintlich neue Erkenntnisse zu einem altbekannten Stoff, der Poly-L-Milchsäure gestützt, vielleicht besser bekannt unter der Bezeichnung Poly-L-Lactat. Das liegt dann nicht mehr so weit entfernt von der  Lactat-Azidose, und diese  ist nicht gerade etwas zum Wohlfühlen. Im Ernst, das Lactat schafft zumindest eines der Probleme des polymeren Derivates. Poly-L-Lactat zerfällt nämlich im Gewebe zu Monomeren und die reagieren stark sauer. Ein Blick über die Schulter zum dermatologischen Kollegen belehrt, dass  Lactat, sprich: Milchsäure, als alpha-Hydroxy-Säure auch zum peelen der Epidermis geeignet ist. Daraus soll sich nun nach neuer Erkenntnis erschließen, dass Poly-L-Milchsäure auch zum dauerhaften Tiefenpeeling im Subcutangewebe geeignet ist? Wenn das kein Scherz ist, dann ist es zumindest die Botschaft vom neuen Kollagen: liquid lifting als partielle Embriogenese. Da sind wir doch der Wiedergeburt schon sehr nahe. Fazit: A falsch, B falsch, Verknüpfung falsch.

Dr. med. Johannes Reinmüller

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